So sicher wie nach dem Winter das Frühjahr kommt, folgt in Deutschland auf die Wahl zum „Wort des Jahres“ im Dezember Anfang Januar das „Unwort des Jahres“, das von einer institutionell unabhängigen Jury gekürt wird.
Die Aktion „Unwort des Jahres“ soll die Sensibilität für sachlich unangemessene, diskriminierende oder inhumane sprachliche Formulierungen fördern.
Im vergangenen Jahr 2014 wurde die zweifelhafte Ehre dem Wort „Lügenpresse“ zuteil. Mit diesem Ausdruck wurden (und werden) in Deutschland aktuell auf Demonstrationen aus der rechtskonservativen bzw. neonazistischen Ecke die Medien und die für sie tätigen Journalisten pauschal als Lügner diffamiert, weil sie sich kritisch mit der von diesen Kreisen gezielt geschürten Angst vor einer angeblichen „Islamisierung des Abendlandes„ auseinandersetzen.
Das Wort „Lügenpresse„ wurde schon im Ersten Weltkrieg und in der Nazi-Zeit zur pauschalen Diffamierung kritischer Medien verwendet, steht also in einer ziemlich unerfreulichen Tradition, die darauf abzielt kritische Stimmen mundtot zu machen und die für eine demokratische Gesellschaft überlebenswichtige Pressefreiheit einzuschränken und letzten Endes ganz abzuschaffen – so wie es die Nazis seinerzeit gemacht haben. Insofern also wieder einmal eine gute Wahl zum „Unwort des Jahres“.
Als weiterer Kandidat wurden von der Jury auch die „erweiterten Verhörmethoden„ kritisiert, ein wirklich übler Euphemismus für Folter, der ursprünglich von der us-amerikanischen CIA stammt.
Und auch das Unwort „Russland-Versteher“, mit dem jedes Verständnis für die Position Russlands in der Ukraine-Krise von vorneherein pauschal diskriminert wird, wäre ein nicht unwürdiger Kandidat für das „Unwort des Jahres“ gewesen.
Wenn ihr mehr über die Aktion Unwort des Jahres erfahren wollt, könnt ihr die Presseerklärung der Jury lesen: Pressemitteilung Unwort des Jahres 2014
Oder euch auf der Website der Aktion „Unwort des Jahres“ weiter informieren: Unwort des Jahres – Startseite
Verschiedene Initiativen, die sich mit der Entwicklung der deutschen Sprache (kritisch) auseinandersetzen, habe ich hier beschrieben: