Vor wenigen Tagen hat die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) wieder die von einer Fachjury ausgewählten Wörter des Jahres bekannt gegeben.
Ich hätte zwar die Reihenfolge der Wörter etwas verändert, aber insgesamt passt die Top 10 im Gegensatz zu manchen Vorjahren dieses Mal wieder ganz gut zum Anspruch der Aktion Wörter auszuwählen, „die den öffentlichen Diskurs des Jahres wesentlich geprägt und das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben sprachlich in besonderer Weise begleitet haben“.
Ganz nach oben auf das Siegerpodest hat es diesmal das Wort „postfaktisch“ geschafft. Wie häufig bei den Wörtern des Jahres handelt es sich dabei um ein Kunstwort, das so vorher in der deutschen Sprache gar nicht existiert hat.
Es setzt sich zusammen aus dem Präfix post-, was aus dem Lateinischen stammt und „nach“ bedeutet, und dem Adjektiv faktisch, das ebenfalls lateinischen Ursprungs ist. Faktisch leitet sich von dem Substantiv Fakt (=Tatsache) ab.
Postfaktisch ist übrigens die deutsche Entsprechung des englischen Begriffs „post truth“, der schon im November 2016 von der Redaktion des Oxford English Dictionary zum internationalen Wort des Jahres erkoren wurde.
Postfaktisch bezieht sich darauf, dass sich immer mehr Menschen – verstärkt durch den Einfluss der sozialen Medien – in politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen nicht mehr von Tatsachen sondern nur noch von ihren Gefühlen leiten lassen, weshalb wir nun (angeblich?) ;) in einem „postfaktischen Zeitalter“ leben.
Mit postfaktisch hat es übrigens erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Aktion Wörter des Jahres, die immerhin schon 1971 von der GfdS ins Leben gerufen wurde, ein Adjektiv auf den ersten Platz geschafft. In allen anderen Jahren wurden Substantive gewählt.
Natürlich will ich euch auch die weiteren Wörter des Jahres 2016 nicht vorenthalten. Die Top 10 lauten folgendermaßen:
Die Wörter des Jahres 2016
1. postfaktisch
2. Brexit (aus Britain + Exit = EU-Austritt Großbritanniens)
3. Silvesternacht (bezieht sich auf sexuelle Übergriffe gegen Frauen durch Gruppen junger Männer meist aus dem arabischen Raum in der Silvesternacht 2015 in Köln.)
4. Schmähkritik (bezieht sich auf ein beleidigendes Gedicht des deutschen Satirikers Jan Böhmermann über den türkischen Präsidenten ErdoÄŸan.)
5. Trump-Effekt (bezieht sich auf die möglichen Auswirkungen des überraschenden Wahlerfolgs Donald Trumps auf die Wahlen in anderen (europäischen) Ländern.)
6. Social Bots (bezieht sich auf spezielle Computerprogramme (von engl. bot = Roboter), die besonders in sozialen Medien zur automatisierten Verbreitung von Werbung oder politischer Propaganda eingesetzt werden.)
7. schlechtes Blut (bezieht sich auf die Diffamierung türkischstämmiger Abgeordneter des deutschen Bundestages durch den türkischen Präsidenten.)
8. Gruselclown (bezieht sich auf verkleidete Personen, die andere Personen erschrecken, und dabei die Spaßgrenze überschreiten.)
9. Burkiniverbot (bezieht sich auf die Diskussion über das Verbot religiöser Kleidungsstücke; von Burkini (aus Burka und Bikini), einem Schwimmanzug für strenggläubige Muslimas.)
10. Oh, wie schön ist Panama (Eigentlich der Titel eines beliebten Kinderbuchs, bezieht sich hier aber auf die so genannten „Panama-Papiere“, die Geldwäsche- und Steuerbetrugsmodelle enthüllten, in die auch einige führende internationale Politiker verwickelt waren.)
Ausführlicher beschrieben findet ihr das alles in der Pressemitteilung der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) zum Wort des Jahres 2016
Die Wörter der vergangenen Jahre habe ich hier verlinkt: