Ende letzter Woche hat die Gesellschaft für Deutsche Sprache die Wörter des Jahres gekürt. Wie immer sollten zehn Wörter, „die die öffentliche Diskussion (in Deutschland) wesentlich bestimmt und dieses Jahr besonders geprägt haben“, ausgewählt werden – sozusagen als „sprachlicher Jahresrückblick“.
Als Wort des Jahres 2010 wurde „Wutbürger“ gewählt und ich muss ehrlich sagen, dass es sich hierbei meiner bescheidenen Meinung nach um einen ziemlichen Fehlgriff handelt. Das Wort wurde von einem bekannten Hamburger Nachrichtenmagazin geprägt und von den Medien angeblich dafür verwendet „um einer Empörung in der Bevölkerung darüber Ausdruck zu geben, dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden.“
Zwar gibt es, wie die Gesellschaft für Deutsche Sprache weiter schreibt, offensichtlich „ein großes Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, über ihre Wahlentscheidung hinaus ein Mitspracherecht bei gesellschaftlich und politisch relevanten Projekten zu haben.“ Dies wird aber keineswegs durch das Wort Wutbürger „dokumentiert“, wie die GfdS behauptet. Vielmehr wird mit dem Wort „Wutbürger“ das negative Bild heraufbeschworen, dass es sich bei dem Bürgerprotest um einen blinden, unreflektierten, auf keiner sachlichen Basis beruhenden Wutausbruch notorisch unzufriedener „Berufsnörgler“ handelt.
Sinnvoller wäre es sicher gewesen das zweitplatzierte Wort „Stuttgart 21“ als Wort des Jahres zu nehmen, denn das war – egal wie man zu dem Projekt steht – wirklich in aller Munde und symbolisiert auf neutrale Weise die Auseinandersetzung um das demokratische Mitspracherecht der Bürger bei Entscheidungen, die massiv in ihren Lebensraum eingreifen.
Mein persönlicher Favorit wäre übrigens der „Juchtenkäfer“ gewesen, ein kleiner, artengeschützter Käfer, der in den alten Bäumen des Stuttgarter Parks haust und der es beinahe geschafft hätte, den Baubeginn am Stuttgarter Bahnhof zumindest zu verzögern – im Gegensatz zu den jahrelangen Protesten hunderttausender Bürger, die es leider noch nicht geschafft haben von den Regierenden in Stuttgart und anderswo als schützens- und erhaltenswerte Spezie zur Kenntnis genommen zu werden …
Die Pressemitteilung der Gesellschaft für Deutsche Sprache mit den weiteren Wörtern des Jahres, könnt ihr hier nachlesen:
Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS): 17.12.09 – Wort des Jahres 2010
Die Wörter der vergangenen Jahre habe ich hier verlinkt: